Sturzflutgefahrenkarten für Rheinland-Pfalz

Mit dem Fortschreiten des Klimawandels steigen die Häufigkeit und die Intensität von Starkregenereignissen. Von Starkregen spricht man, wenn in kurzer Zeit große Regenmengen fallen. Solche Ereignisse sind überall gleich wahrscheinlich, d.h. jede:r kann betroffen sein. Fließen diese Regenwassermengen in der Landschaft zusammen und führen so zu lokalen Überflutungen, spricht man von "Sturzflut" in Abgrenzung zu Hochwasserereignissen, die durch die Ausuferung von Flüssen entstehen.

Das Land Rheinland-Pfalz stellt schon seit einigen Jahren landesweite Hinweiskarten für die Sturzflutgefährdung nach Starkregen zur Verfügung, die sich in verschiedenen Anwendungsbereichen bewährt haben. Die nun vorliegenden neuen Sturzflutgefahrenkarten lösen diese Hinweiskarten ab. (Diese finden Sie hier.) Die Sturzflutgefahrenkarten stellen die Informationen des Landes zur Sturzflutgefährdung auf eine neue methodische Grundlage und basieren auf dem aktuellen Stand der Technik. Sie bringen außerdem wesentliche inhaltliche Weiterentwicklungen mit sich. Insbesondere wird die Sturzflutgefahr nun auch innerorts dargestellt. Hier erläutern wir Ihnen, welche Informationen Sie in den neuen Karten finden. Die wichtigsten Unterschiede zu den früheren Hinweiskarten haben wir Ihnen ➥hier zusammengestellt.

Welche Informationen finden Sie in den Sturzflutgefahrenkarten?

Die Sturzflutgefahrenkarten zeigen die Wassertiefen, die Fließgeschwindigkeiten und die Fließrichtungen von oberflächlich abfließendem Wasser infolge von Starkregenereignissen. Dafür werden Szenarien mit unterschiedlicher Niederschlagshöhe und -dauer betrachtet. Da Niederschlagsintensitäten nie gleichverteilt sind, wenden wir einen Index an, der nach einer einheitlichen Methodik zur Charakterisierung von Starkregen entwickelt wurde – unter besonderer Berücksichtigung regionaler Unterschiede. Daher wird in ganz Rheinland-Pfalz ein einheitlicher StarkRegenIndex (SRI) angesetzt, der die unterschiedlichen regionalen Niederschlagsintensitäten berücksichtigt. Der SRI beschreibt auf einer Skala von 1 bis 12 die zunehmende Überflutungsgefahr in Abhängigkeit von der Stärke eines Starkregenereignisses.


Die Stufen des Starkregenindex (SRI). Quelle: Schmitt, T., Krüger, M., Pfister, A., Becker, M., Mudersbach, C., Fuchs, L., Hoppe, H. & Lakes, I. (2018). Einheitliches Konzept zur Bewertung von Starkregenereignissen mittels Starkregenindex. Korrespondenz Abwasser, Abfall · 2018 (65) · Nr. 2, 113-120.

Folgende Szenarien werden in Rheinland-Pfalz betrachtet:

1. ein außergewöhnliches Starkregenereignis mit einer Regendauer von einer Stunde (SRI 7).
    In Rheinland-Pfalz entspricht dies je nach Region einer Regenmenge von ca. 40 - 47 mm (bzw. l/m2) in einer Stunde.    

2. ein extremes Starkregenereignis mit einer Regendauer von einer Stunde (SRI 10).
    In Rheinland-Pfalz entspricht dies je nach Region einer Regenmenge von ca. 80 - 94 mm in einer Stunde.

3. ein extremes Starkregenereignis mit einer Regendauer von vier Stunden (SRI 10).
    In Rheinland-Pfalz entspricht dies je nach Region einer Regenmenge von ca. 124 - 136 mm in vier Stunden.

Die Kartenlayer zur Wassertiefe zeigen an, welche maximalen Wassertiefen bei dem jeweiligen Szenario zu erwarten sind. Wassertiefen unter 5 cm sind nicht dargestellt. Beachten Sie dabei, dass es bei oder nach einem Starkregenereignis fast überall zu Oberflächenabfluss kommt, da der Boden die großen Wassermengen in der Regel nicht aufnehmen kann. Erst durch das Zusammenfließen in Mulden, Rinnen und Senken entstehen größere Wassertiefen.

Die Kartenlayer zur Fließgeschwindigkeit zeigen die maximalen erwarteten Fließgeschwindigkeiten beim jeweiligen Szenario an.

Zu den Kartenlayern der Wassertiefe und der Fließgeschwindigkeit kann ein Layer der Fließrichtungen hinzugewählt werden (ab Maßstab 1:5.000).

Was ist beim Gebrauch der Karten zu beachten?

  1. Anderes Ereignis - andere Auswirkungen! Bei der Erstellung der jeweiligen Sturzflutgefahrenkarten wurden Szenarien mit bestimmten Intensitätsstufen betrachtet. Das bedeutet: hat ein tatsächliches Ereignis eine andere Intensität, dann ändert sich ggf. auch das Abflussgeschehen. Es sind stets noch stärkere Ereignisse möglich. Und: auch Regenereignisse mit geringerer Intensität können bereits Überflutungen auslösen! Die Karten machen also exemplarisch deutlich, welche Auswirkungen bei den angenommenen Szenarien zu erwarten sind, stellen aber nicht alle denkbaren Fälle dar.
  2. Ein Modell kann die Realität nie vollständig abbilden! Die Berechnungen der Wassertiefe und der Fließgeschwindigkeit basieren auf einem digitalen Modell der Landoberfläche mit einer Auflösung von 1x1 Meter. Darin wurden Gebäude, Brücken, Durchlässe und ähnliche Strukturen, die den Abfluss des Wassers beeinflussen, zum jeweiligen Bearbeitungsstand soweit wie möglich berücksichtigt. Das Modell hat jedoch Grenzen: feinere Strukturen wie beispielsweise Umgrenzungsmauern und kleine Durchlässe sind meist nicht abgebildet. Beachten Sie daher stets auch die realen Verhältnisse und Strukturen vor Ort!
  3. Übergänge von Sturzflut zu Hochwasser sind fließend! Starkregenereignisse betreffen typischerweise relativ kleine Gebiete. Um ihre Auswirkungen realistisch abzubilden, wurden deshalb für die vorliegenden Karten Gebiete von maximal 20 km2 einzeln betrachtet. Bei einigen kleineren oder mittelgroßen Gewässern sind daher Überflutungsflächen durch Ausuferung des Gewässers am Oberlauf dargestellt, jedoch nicht am Unterlauf (unterhalb der Stelle, an der die Einzugsgebietsfläche 20 km2 übersteigt). Dasselbe gilt auch für große Gewässer, die bei Starkregen ohnehin nicht über die Ufer treten. Für die meisten der betroffenen Gewässerabschnitte geben die Hochwassergefahrenkarten Auskunft über die Überflutungsgefahr bei einem Hochwasser.

Vertiefende Informationen zu den methodischen und technischen Hintergründen haben wir ➥hier zusammengestellt.

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Die neuen Sturzflutgefahrenkarten finden Sie hier.

Die Pressemitteilung zu diesem Ereignis finden Sie hier.

Datum der Meldung: 

01.12.2023